Da war er nun, der große Braune, absolut anständig, aber hochreaktiv, bei jeder Kleinigkeit sofort im Fluchtmodus. Selbst die Decke an und wieder auszuziehen stresste ihn enorm. Ohne Festhalten kann die Decke weder drauf noch wieder runter. Trajano erstarrte, machte sich fest, hielt es einfach aus, mit eingezogenem Schweif und aufgerissenen Augen.
Gut das wird Punkt Eins, den wir bearbeiten müssen. Denn Decken wollen gemanagt werden, deswegen mag ich die Dinger eigentlich nicht so besonders. Bedeutet mehr Arbeit, die das Pferd im Normalfall sehr gut selber macht. Ich habe für uns die praktikabelste Lösung gewählt, in der Nacht mit Decke, unter Tags ohne. Ende Februar ist es im Lungau, ohne ausreichend Winterfell, für „Zuagroaste“ schlicht weg zu kalt, daher mussten wir das Deckenthema anpacken.
Meine Erfahrung mit Pferdedecken
Noch ein paar Worte zum Thema Decke an sich. Bis Trajano in mein Leben kam, beschränkte sich mein persönlicher Erfahrungsschatz auf Abschwitzdecken. Auch hier gilt es darauf zu achten, die Abschwitzdecke erst nach einer Cool down Phase aufs Pferd zu schmeißen, da die Pferde sonst noch unnötig nachschwitzen. Zum Wunder Thermoregulation gibt es ganz tolle Beiträge zu finden, es lohnt sich sehr, sich mit dem Thema einmal zu befassen.
Und wenn ein Pferd eine Decke braucht, aus welchen Gründen auch immer, sollte es sie auch unbedingt bekommen. Mir ist es wichtig den Pferden alles zu bieten, damit ihr Körper leisten kann, was er eben kann. Das fängt bei den Hufen an und hört nirgends auf. Ich stelle sicher, dass die Pferde alle Nährstoffe zur Verfügung haben um überhaupt ausreichend Fell zu bilden. Und natürlich brauchen sie im Winter im Offenstall dementsprechend mehr Heu, damit das ganze System läuft. Und zu guter Letzt MUSS die Decke passen, das führt sonst wiederum zu Verspannungen.
So kommen bei mir alle Pferde gut durch den Winter, bei trockener Kälte sind auch minus 25 Grad kein Problem. Und um die Isländer muss ich mir keine Sorgen machen, denen bleibt der Schneehügel eh den ganzen Winter auf der Kruppe liegen 😀
Trainingsaufbau
Also weiter mit Decke und Trajano. Decke an und ausziehen ist ja grundsätzlich eine sehr einfache Aufgabe, das Pferd muss nur stillstehen. Das ist meine Sicht, eine menschliche Bewertung der gestellten Aufgabe. Aus Pferdesicht sieht das schon wieder anders aus und man findet verschiedene Reaktionen und Ausprägungen, je nach Typ und Erfahrung, meist hat es aber mit Bewegung zu tun. Tja und es soll sich ja genau für diese Aufgabe nicht bewegen.
Ich verlange also eine natürliche Reaktion zu unterdrücken, das muss ein Pferd erstmal LERNEN. Allein dieses Wissen und Verständnis FÜR das Pferd macht schon einen entscheidenden Unterschied. Wir treten ein in seine Welt, sehen die Welt durch die Augen des Pferdes, spüren seinen Körper, fühlen seine Emotionen. Das verbindet und gibt uns die Möglichkeit eine Brücke zu schlagen auf der das Pferd in unsere Welt treten kann.
Ich erarbeite die meisten Sachen erstmal komplett frei, mit positiver Verstärkung, mit Fokus auf die Aufgabe. Meine Grundeinstellung ist neutral gegenüber jeglicher Reaktion des Pferdes. Meine Körpersprache dem angepasst, versuche ich mich langsam und sanft zu bewegen, aber insgesamt so wenig wie möglich. Um auch hier dem Pferd Orientierung zu bieten.
Ich möchte das das Pferd Mut und Selbstbewusstsein entwickelt, motiviert neue Aufgaben angeht. Ich möchte das es lernt und versteht und nicht das es Dinge über sich ergehen lassen muss. Ich möchte das das Pferd die Entscheidung bewusst trifft, es wird nicht abgelenkt und ausgetrickst. Mitdenken ausdrücklich erwünscht. Dabei passiert etwas so Schönes, Magisches… Das Pferd wächst, es füllt sich und den Raum aus, bestärkt und beflügelt von meinem Glauben an seine innere Stärke.
Das sind WIR. Zusammen.
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